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Die Reise ins Labyrinth 



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Dieses Thema hat 11 Antworten
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El leproso Offline

Magic Dance


Beiträge: 52

19.11.2010 06:21
Labyrinth - Avantgardistische Animatronic von damals, gegen digitale Special Effects von heute. Antworten

‚Allo‘!

Mein Name ist André, ich bin 32 Jahre alt und ebenso ein großer Labyrinth-Fan wie ihr und ich wollte hier einmal darüber schreiben wie ich diesen Film finde und was für mich der Unterschied zu heute ist :-).
Aber erst einmal muß ich natürlich sagen, daß dies hier eine ganz tolle Seite über Labyrinth ist und ich habe hier schon ganz viel in eurem Forum gelesen, vor allem Cristal Moon und Wolfempress haben ja eine Menge Stoff hier im Forum beigetragen.

Das Besondere, was diesen Film so klassisch und unvergänglich macht, sind natürlich erst einmal die beiden Hauptdarsteller Jennifer Connelly und David Bowie. Insbesondere die damals erst 14 jährige Jennifer Connelly hat eine phantastische schauspielerische Leistung in diesem Film vollbracht. Ihre Mimik und ihre Körpersprache passen exakt in jeder Szene des Films. Ganz toll fand ich ihren ungläubigen Gesichtsausdruck, als am Anfang der kleine Wurm zu ihr ‚Allo‘ sagte. Erst schaute sie kurz den Wurm an, schaute dann ungläubig und verdutzt wieder geradeaus und drehte ihren Kopf dann wieder zum Wurm um. In dieser Szene vermittelt sie dem Zuschauer eine großartige Vorstellung von dem, was ihr gerade in diesem Moment an Gedanken durch den Kopf ging:
„Hä, hat da grade ein Wurm mit mir gesprochen? Das kann doch nicht sein, ich bilde mir das bloß ein und muß wohl träumen“. Einfach bezaubernd.
Daß ein Schauspieler ganz ohne Worte und nur durch seine schiere Mimik dem Zuschauer vermitteln kann was er gerade denkt und fühlt, das ist für mich die Essenz einer schauspielerische Darbietung und eine der höchsten Künste überhaupt.

Zudem sind für mich die märchenhaften Kostüme, die bis in das kleinste Detail nuancierten Puppen und die liebevolle, prachtvolle Bühnenausstattung und Staffage bis heute unerreicht geblieben. Was dies einen Aufwand mit sich gebracht hat, um diese Fabelwelt und seine Bewohner zum Leben zu erwecken, konnte man ja sehr gut in der ‚Inside the Labyrinth‘ Dokumentation sehen. Eine ganze Armee von Masken, Puppen- und Bühnenbildnern, Animatronic-Experten sowie eine gehörige Portion Geduld, Blut, Schweiß und Tränen waren vonnöten, um dem ganzen Filmwerk und seinen Figuren Herz, Seele und eine ganz besondere, märchenhafte Atmosphäre zu verleihen und Leben einzuhauchen. Der Film ist auch deshalb so grandios und sagenhaft, weil man sich in jeden einzelnen Charakter verlieben oder sich mit ihm identifizieren kann und das ist es auch, warum man als Zuschauer so gefesselt wird. Jede Figur hat ihren ganz individuellen, besonderen Charme und ich denke, daß genau dies den Reiz dieses genialen Films ausmacht.


Donnergetöse an Action und Special Effects kompensieren und ersetzten keine subtile Handlung!

Dem möchte ich nun einmal die Streifen von heute, genauer sagt die grauenhaften Star Wars Prequels (Episode I-III) entgegenstellen, besonders deswegen, weil George Lucas in Labyrinth mitgewirkt hat und somit eine gewisse Assoziation zu seiner Arbeit von damals und heute besteht. Leider ist heutzutage so gut wie gar nichts mehr von seiner einstigen Genialität übriggeblieben, denn seine schnöden Star Wars-Filme spiegeln für mich den genauen Kontrast von Labyrinth wieder. So ziemlich alles an seinem Filmepos ist frostig, lieb- und seelenlos animiert, so daß ich einfach kein gutes Haar an diesen desaströsen, mit digitalen Animationen überladenen Filmen lassen kann. Auf mich wirken diese Filme einfach nur synthetisch und steril, so, als wären sie ein Computerspiel. Garniert wird der futuristische ‚Blitzkrieg‘ aus grellem und konfusem Sinnlos-Computer-Effekt-Spektakel noch durch die fortwährend tranige, einschläfernde und schwunglose Storyline, die auch aufgrund der banalen Dialoge einfach keine Spannung oder ähnliche Gefühle erzeugen will und einen einfach nur kalt läßt. Schlicht gesagt, man langweilt sich einfach nur gefühlte 5 Stunden lang und wartet sehnsüchtig auf das Ende dieser blutleeren Special Effect-Apokalypse, deren Handlung einfach nur an den Haaren herbeigezogen und zäh wie Kaugummi ist. Und zu der ohnehin laschen und öde wirkenden Story, die zudem fast ausnahmslos vor einer Greenscreen abgedreht wurde, gesellen sich dann die ebenso farblosen Protagonisten wie beispielsweise Schlaftablette Natalie Portman (die wohl nur einen einzigen Gesichtsausdruck zu kennen scheint), mit denen man einfach nicht warm wird und auch sonst keinen Bezug findet.

Ähnlich wie in Labyrinth, sind auch in dieser Weltraum-Saga sowohl menschliche als auch Fantasie-Charaktere zu finden, und anhand dieses Vergleichs wird einem der epochale Unterschied von Hoggle aus Labyrinth und der Figur Jar Jar Binks aus Star Wars klar vor Augen geführt. Bei diesen beiden Geschöpfen sieht man einfach ganz eindeutig den entscheidenden und himmelweiten Unterschied zwischen der bei Labyrinth verwendeten Animatronic und den trockenen, digitalen Animationseffekten der heutigen Filme. Während Jar Jar Binks einfach nur künstlich, plump, primitiv, billig und lächerlich daherkommt, ist die Figur Hoggle von einem wahrhaften Innenleben beseelt, wörtlich und im übertragenen Sinn. Authentische, ursprüngliche und liebevolle Handarbeit läßt sich meines Erachtens nun einmal nicht einfach durch computergenerierten Pixel-Wust oder rasante Bildwechsel ersetzten. Diese Arte von künstlichen Effekten wirken ganz einfach nicht, jedenfalls auf mich nicht. Während sich George Lucas in seinen ersten drei Star Wars Filmen noch viel Mühe mit Puppen und Kostümen gegeben hat, so wurden die anderen drei Episoden einfach von einer Horde von Programmierern herz- und lieblos konstruiert und dem Zuschauer relativ stillos vorgesetzt.

Weitere Paradebeispiele für gruselige, reine Animationsquatsch-Filme, die ohne jegliche Handlung auskommen, sind für mich:
The Scorpion King, Van Helsing, Die Mumie, Terminator 3 & 4, Liga der außergewöhnlichen Gentlemen, Alien vs. Predator, I, Robot, Matrix Reloaded & Revolutions, Hankook, I Am Legend, Transformers, die ganzen blöden Vampirfilme und noch viele mehr.

Diese Liebe fürs Detail, die virtuose Handwerkskunst und die brillanten Schauspieler, wie man sie bei einem Film wie Labyrinth noch findet, läßt ein so wertbeständiges Werk für alle Zeiten unvergänglich und zum zeitlosen Kultfilm avancieren. Denn auch wenn der Film im Kino zwar kein Kassenerfolg war, zählt er ja heutzutage eine riesige und treue Fangemeine, fast so ähnlich wie bei van Gogh würde ich sagen, dessen Bilder ja auch erst nach seinem Tod so richtig gewürdigt wurden :-).

So, ich hoffe, daß ich mit meiner kleinen Anekdote nicht zu sehr von Labyrinth abgeschweift bin, aber ich wollte einfach einmal den Unterschied zu Labyrinth und dem Murks an Filmen aufzeigen der heutzutage so produziert wird und über die Kinoleinwände flimmert und versuchen zu begründen, warum dieser Film auch heute noch so hochgeschätzt und geliebt wird.


Ich freue mich auf euer Feedback!

Liebe Grüße
André

Si muero que sea de lepra.

Cristal Moon Offline

Im Zentrum, im Schloss des Koboldkönigs!


Beiträge: 3.283

19.11.2010 11:04
#2 RE: Labyrinth - Avantgardistische Animatronic von damals, gegen digitale Special Effects von heute. Antworten

Hallo André, was dagegen, wenn ich Dich ab jetzt "Wurm" nenne? Nach dieser Begrüßung wirst Du für mich immer DER WURM bleiben, ha, ha!

Das war ein sehr wertvoller Beitrag von Dir und ich möchte Dich erstmal in unserer Runde willkommen heißen. Schon irgendwie klasse, dass sich wieder mal jemand von "meinem Semester" dazu gesellt hat. Und: schön, einen Mann an Bord zu haben und auch mal die Dinge aus der Perspektive eines Mannes zu sehen (lesen).

Ich hoffe, Du bleibst uns erhalten und Du bleibst aktiv.

OK, nun zu Deinem Beitrag:

Zitat
Aber erst einmal muß ich natürlich sagen, daß dies hier eine ganz tolle Seite über Labyrinth ist und ich habe hier schon ganz viel in eurem Forum gelesen, vor allem Cristal Moon und Wolfempress haben ja eine Menge Stoff hier im Forum beigetragen.

Hihihi, ja, wir sind die mit dem größten Verbaldurchfall. Ich bin eine notorische Vielschreiberin und es stört mich nicht im Geringsten, auch mal die Rolle der Alleinunterhalterin zu übernehmen . Wolfi hat sich vor ner Weile etwas zurückgezogen, aber ich hoffe, sie kommt bald wieder. Sie ist hier eine Art Urgestein und Fundament und sie hat das meiste Wissen über den Film, David, Jennifer und überhaupt. Alles was ich weiß, weiß ich größtenteils von ihr.

Zitat
Insbesondere die damals erst 14 jährige Jennifer Connelly hat eine phantastische schauspielerische Leistung in diesem Film vollbracht. Ihre Mimik und ihre Körpersprache passen exakt in jeder Szene des Films

Wobei ich da der Meinung bin, dass es stellenweise sogar etwas zu wenig ist. Ich meine, stell Dir die Situation vor: ein wildfremder Mann, seltsam bekleidet und allem Anschein nach nicht von dieser Welt, kommt durch das Fenster in Dein Haus. Im normalen Leben hätte ein Mädchen wenigstens geschrien, wäre rausgerannt, was auch immer. Sarah tut es nicht. Ich finde, diese Szene hätte mehr Expression gebrauchen können.
Denn Sarah nimmt die Hände von ihrem Gesicht und stellt seelenruhig fest: "Du bist es, nicht wahr? Du bist der König der Kobolde".
Andererseits (- und so erkläre ich mir das Ganze, denn im Grunde zweifle ich nicht daran, das Jenny exakt nach Jims Anweisungen vorgegangen ist) ist das Ganze vielleicht so zu erklären: Sarah lebt vor allem in ihrer Phantasiewelt, die ihr holft, die Scheidung ihrer Eltern zu verarbeiten und die ihr Sicherheit gibt. Sie sieht mittlerweile keine Grenzen mehr zwischen der realen und der Phantasiewelt. Deshalb erscheint ihr Jareth in keinster Weise bedrohlich, sondern ist die Erfüllung ihrer Wünsche, an die sie so fest glaubte.

Eine andere Szene, wo etas mehr "Angst" zu erwarten wäre, ist m.E. die Szene, wo Sarah und Hoggle das Oubliette verlassen (stümperhafte deutsche Übersetzung: "Burgverlies", wuah...) und an den sprechenden Steinen vorbei gehen. Als der erste Stein beginnt zu sprechen, wäre ich an Sarahs stelle ausgeflippt vor Angst. Ich meine: man geh einen engen, untrirdischen Gang, mit einem Zwerg, dem man nicht unbedingt vertraut man weiß nicht, was hinter der nächsten Kurve ist - und auf einmal beginnt eine laute, tiefe Stimme zu sprechen. Ich wäre vermutlich schreiend zwei Meter zurückgesprungen. Sarah dreht sich nur um und schaut den Stein nur an, noch bevor Hoggle ihr erklärt, dass die Steine im Grunde harmlos sind.

Umso expressiver erscheint dann Hoggle, der den alten Bettler sieht und sofort weiß, dass seine Majestät sich darunter verbirgt. Seine Angst, Respekt, Unterwürfigkeit kommen umso stärker rüber.

Zitat
Daß ein Schauspieler ganz ohne Worte und nur durch seine schiere Mimik dem Zuschauer vermitteln kann was er gerade denkt und fühlt, das ist für mich die Essenz einer schauspielerische Darbietung und eine der höchsten Künste überhaupt.

Auch David leistet in diesem Film einiges allein durch seine Mimik. Wobei ich mir da auch denke, er ist einfach irgendwo er selbst. Diese Mimik ist einfach seine Mimik und die Rolle ist ihm wie auf den Leib geschnitten. Er spielt sie nicht, er lebt sie größtenteils. Durch ein einfaches Heben der Augenbraue erreicht er mehr als ein anderer Schauspieler mit drei Sätzen.

Zitat
Zudem sind für mich die märchenhaften Kostüme, die bis in das kleinste Detail nuancierten Puppen und die liebevolle, prachtvolle Bühnenausstattung und Staffage bis heute unerreicht geblieben.

Das ist auch in meinen Augen eine einmalige Leistung. Ich weiß nicht,wie oft ich den Film schon gesehen habe, aber im Grunde entdecke ich jedes Mal ein neues Detail. Das kann ein Ornament an einem Haus sein, ein Detail am Kostüm, in der Landschaft... Neulich ist mir ein Schwert aufgefallen, das einer der Kobolde trägt. Dieses Schwert hatte einen Totenkopf am Griff. Dabei war dieser Kobold nicht besonders wichtig, einfach einer von vielen im Thronsaal. Aber das ist auch das Besondere: jedes Wesen wurde so ausgestattet, als wäre es eine wichtige Persönlichkeit und ein unverzichtbarer Teil dieser Welt. Denn so ist es auch gewesen.
Neulich habe ich das Making of von Harry Potter gesehen und da meinte die Moderatorin, der Speisesaal von Hogwarts wäre eine "sehr aufwändige und detaillierte Kulisse". Ich dachte mir nur dazu: im Vergleich zu Labyrynth erscheinen jegliche Potter-Kulissen eher stümperhaft und wie mit einer Stanze gemacht.

Zitat
Was dies einen Aufwand mit sich gebracht hat, um diese Fabelwelt und seine Bewohner zum Leben zu erwecken, konnte man ja sehr gut in der ‚Inside the Labyrinth‘ Dokumentation sehen.

Ich liebe diese Dokumentation. Auch die Ergänzungen dazu in der Anniversary Edition. Brian Henson und einige weitere Laby-Macher plaudern nochmal aus dem Nähkästchen und das ist so schön zu sehen, dass sie Labyrinth immer noch als eine Art Lebenswerk betrachten. Oder zumindest als einen Meilenstein in ihrer Karriere.

Zitat
Der Film ist auch deshalb so grandios und sagenhaft, weil man sich in jeden einzelnen Charakter verlieben oder sich mit ihm identifizieren kann und das ist es auch, warum man als Zuschauer so gefesselt wird. Jede Figur hat ihren ganz individuellen, besonderen Charme und ich denke, daß genau dies den Reiz dieses genialen Films ausmacht.

Und die Gestalten sind nicht klischeehaft. Es gibt nämlich nicht diese Dualität zwischen Gut-Böse, die heutzutage so ziemlich alle Filme verseucht. Labyrinth kommt ganz ohne diese Unterteilung aus, die Gestalten sind dadurch lebensecht, man kann sie nicht abstempeln oder zuordnen und daruch steckt der Film voller Überraschungen. Sowohl Jareth, Sarah als auch Hoggle sind im Grunde beides: sie haben ihre Schwächen, ihre Stärken, sind manchmal zickig, manchmal lieb, manchmal ängstlich... sie sind einfach echt.
Die einzige "nur gute" Gestalt in dem Film ist Ludo, aber das war laut Brian Froud Absicht und ein Tribut für die Muppets, die ja bekannt waren für "big loveable monsters". Aber auch Ludo ist in keiner Weise vorhersehbar - z.B. die Szene, wo er mit Sir Didymus kämpft: da erscheint er auf einmal mächtig und böse - man weiß nicht, ob das vielleicht doch sein wahres Gesicht ist...



Zitat
Dem möchte ich nun einmal die Streifen von heute, genauer sagt die grauenhaften Star Wars Prequels (Episode I-III) entgegenstellen, besonders deswegen, weil George Lucas in Labyrinth mitgewirkt hat und somit eine gewisse Assoziation zu seiner Arbeit von damals und heute besteht. Leider ist heutzutage so gut wie gar nichts mehr von seiner einstigen Genialität übriggeblieben,

Nun, ich persönlich denke, es ist eine Phase und eine Art Modeerscheinung. Lucas geht mit der Zeit und probiert Dinge aus. Das ist auch in Ordnung, denn er kann auch daran wachsen und sich weiter entwickeln. Ich bin sicher, eines Tages kommt er zu denselben Entschlüssen wie Du, er wird das Überladene und Künstliche sein lassen und sich wieder dem wahren Kunstwerk widmen.
Ich glaube, ein Künstler wie er ist durchaus in der Lage, den wahren Wert der Dinge zu erkennen und er weiß sehr wohl, dass weniger (z.b. an Technik und Illusion)meist mehr ist.

Zitat
Bei diesen beiden Geschöpfen sieht man einfach ganz eindeutig den entscheidenden und himmelweiten Unterschied zwischen der bei Labyrinth verwendeten Animatronic und den trockenen, digitalen Animationseffekten der heutigen Filme. Während Jar Jar Binks einfach nur künstlich, plump, primitiv, billig und lächerlich daherkommt, ist die Figur Hoggle von einem wahrhaften Innenleben beseelt, wörtlich und im übertragenen Sinn.

Ja, ich denke, das ist der Punkt - die Empfindung einer Figur. Bei Hoggle, Ludo und Co. weiß der Zuschauer einfach: die sind echt, die könnte ich anfassen. Dahinter steckt auch echte schauspielerische Leistung - oft von mehreren Personen. Die Kulissen des Labyrinths waren auch größtenteils echte Bauten, Landschaften, Korridore etc. Da weiß man: es ist im Grunde eine reale Welt, die gibt es wirklich.
Bei den ganzen modernen Sequels dagegen (auch z.B. bei allen Teilen von Harry Potter) weiß man: sobald der Fernseher aus ist bzw. sobald der Hochleistungsrechner des Fuzzis für Special Effects ausgeht, gibt es diese Welt nicht mehr. Sie ist nur Schein.
Labyrinth dagegen ist Sein.


Zitat
Weitere Paradebeispiele für gruselige, reine Animationsquatsch-Filme, die ohne jegliche Handlung auskommen, sind für mich:
The Scorpion King, Van Helsing, Die Mumie, Terminator 3 & 4, Liga der außergewöhnlichen Gentlemen, Alien vs. Predator, I, Robot, Matrix Reloaded & Revolutions, Hankook, I Am Legend, Transformers, die ganzen blöden Vampirfilme und noch viele mehr.

Um ehrlich zu sein habe ich keinen davon gesehen, höchstens mal reingezappt aber schnell wieder umgeschaltet. Absehbare "Handlung", Gut-Böse, und das ultimative Happy End - das ist einfach langweilig. Da gucke ich lieber Labyrinth zum 1000-sten Mal und entdecke ein weiteres, liebevolles Detail, irgendwo in der Ecke.

Zitat
Denn auch wenn der Film im Kino zwar kein Kassenerfolg war, zählt er ja heutzutage eine riesige und treue Fangemeine, fast so ähnlich wie bei van Gogh würde ich sagen, dessen Bilder ja auch erst nach seinem Tod so richtig gewürdigt wurden :-).

Ein schöner Vergleich, finde ich. Ich glaube übrigens: einen Vorteil haben all diese gräßlichen Filme der heutigen Zeit: sie gben uns die Chance, den Wert älterer, liebevoll gemachter Filme schätzen zu lernen. Vielleicht kam deshalb die Anerkennung für Labyrinth erst später. Vielleicht musste es so sein.

Zitat
So, ich hoffe, daß ich mit meiner kleinen Anekdote nicht zu sehr von Labyrinth abgeschweift bin,


Keineswegs! Es hat mir großen Spaß gemacht, Deinen wirklich guten Beitrag zu lesen und zu beantworten. Freue mich auf viele weitere Beiträge von Dir und hoffe, nicht mehr die Alleinunterhalterin spielen zu müssen :-).

LG
Cris

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El leproso Offline

Magic Dance


Beiträge: 52

19.11.2010 22:11
#3 RE: Labyrinth - Avantgardistische Animatronic von damals, gegen digitale Special Effects von heute. Antworten

Hallo Cris!

Ja, wenn Du möchtest, dann kannst Du mich ab jetzt gerne Wurm nennen ;-). Ach Harry Potter, ja, diese komischen Filme hatte ich auch ganz vergessen. Diese Filme sind genauso bekloppt und billig animiert wie alles was heute so produziert wird. Man muß eigentlich nur ein Programm schreiben und dann kann man alles Weitere darauf aufbauen und im Vergleich zu den Puppen aus Labyrinth ist das ein Kinderspiel. Sicher muß man hier und da mal auf künstliche Effekte zurückgreifen, aber die Regisseure machen es sich heutzutage auch ein bißchen zu einfach finde ich.

Zu George Lucas muß ich sagen, daß er nur noch Kohle scheffeln möchte und dafür fügt er dem Mythos seiner alten Meisterwerke schweren Schaden zu. Indiana Jones hat er ja auch verhunzt. Er benutzt den guten Namen von Star Wars etc. mit dem Wissen, daß es dort eine breite Fangemeinde gibt. Er produziert dann irgendeinen billigen Blödsinn, welcher mit seinen früheren Werken nichts gemein hat, und die Leute kaufen das dann in gutem Glauben.

Schaust Du manchmal Simpsons oder South Park?
Diese Sendung nehmen ja des Öfteren politische Themen oder Personen aufs Korn und George Lucas haben sie auch schon eine richtige Abreibung verpaßt. Bei Simpsons hieß die Lucas-Parodie ‚Randall Curtis‘ und Star Wars wurde in ‚Cosmic Wars‘ umbenannt. http://simpsons.wikia.com/wiki/Randall_Curtis
http://www.spiegel.de/kultur/kino/0,1518,571897,00.html

'Si muero que sea de lepra'

El leproso Offline

Magic Dance


Beiträge: 52

21.11.2010 00:59
#4 RE: Labyrinth - Avantgardistische Animatronic von damals, gegen digitale Special Effects von heute. Antworten

Übrigens. Die Kugelkunststücke, die der Jongleur Michael Moschen in Labyrinth versteckt hinter dem Rücken von David Bowie vorführt, wird es in der heutigen Zeit auch nicht mehr geben. Heutzutage würde David Bowie einfach diese ‚hin und her‘ Bewegung selbst machen und die Kugel würde per Visual Effekt im Nachhinein in den Film eingefügt werden.

Laut Wikipedia werden Visual Effects (VFX) auch häufig zur Kostenersparnis eingesetzt, was meinen Verdacht unterstreicht, daß die Filmemacher von heute, zu denen ich auch George Lucas zähle, Filme bewußt mit einem minimalen Kostenaufwand produzieren, um wiederum anschließend den Gewinn zu maximieren. Wenn man also von vornherein den reinen Gewinn als Zweck verfolgt und einem die eigentliche Story ziemlich egal ist, dann kann dabei am Ende meiner Meinung nach auch kein anspruchsvoller Film bei so einer Art der Produktion herauskommen. Man braucht sich doch nur einmal die Filme von heute anzuschauen und sich dabei die Frage zu stellen, ob es in den letzten 10 Jahren auch nur einen Film gegeben hat, der das Zeug zu einem zeitlosen Klassiker hat. Leider wird das Ergebnis verhältnismäßig nüchtern ausfallen wenn man darüber sinniert und ich bin der Meinung, daß die digitale Technik von heute den Filmen mehr geschadet als genützt hat. Es ist einfach für die Regisseure zu verführerisch, eine künstliche Person am Computer zu erzeugen, als vielleicht einen Stuntman zu bezahlen, der dann eine Szene möglicherweise 30 Mal wiederholen muß bis sie im Kasten ist.

'Si muero que sea de lepra'

Cristal Moon Offline

Im Zentrum, im Schloss des Koboldkönigs!


Beiträge: 3.283

22.11.2010 11:49
#5 RE: Labyrinth - Avantgardistische Animatronic von damals, gegen digitale Special Effects von heute. Antworten

Hallo Wurm,

ja, "die Simpsons" schaue leidenschaftlich gerne. Hinter der debilen Fassade verbirgt sich - wie Du treffend bemerkt hast - eine seriöse und oft bittere Kritik. Die Folge mit "Cosmic Wars" kenne ich glaube ich noch nicht, aber ich schaue sie mir jetzt an.

Ich verstehe sehr gut, dass Du ein wenig verbittert darüber bist, dass Lucas scheinbar nur Kohle machen will. Diesen Eindruck hatte ich übrigens auch, als ich damals gehört habe, dass die Star Wars um drei weitere Teile angereichert werden. Da dachte ich mir: WOZU DENN BITTE??? Mein erster Gedanke war auch: Kohle.
Mein zweiter Gedanke war aber, dass Lucas einfach mal neue Techniken ausprobieren und mit der Zeit gehen will.
Weiß nicht, was letztenendes davon stimmt, vielleicht ist es eine Mischung von beiden. Ich kann nicht so richtig glauben, dass ein großer Geist wie Lucas sich dermaßen bedingungslos dem Konsumwahn unterworfen hat. Das wäre irgendwie unwürdig.
Klar, die Kostenfrage kann auch eine Rolle spielen, bloß andererseits ist es so, dass Lucas es bestimmt nicht nötig hat, zu geizen. Und ich denke, er ist schlau genug zu wissen, was für ihn auf dem Spiel steht. Nämlich seine ganze Popularität und sein Mythos.
Tja, es wird sich heraustellen, ob er noch mehr Scheiße produziert oder doch noch zum guten Handwerk zurückkehrt.

Andererseits denke ich mir, dass doch die Idee seines Unternehmens (Industrial Light and Magic) schon von vorn herein so konzipiert war: Magie auf die Leinwand zu bringen. Mit den jeweils modernsten Mitteln, die es zur Verfügung gab und gibt.

Nehmen wir doch die digital animierte Eule im Vorspann von "Labyrinth". Das war damals etwas absolut Neues, ein Ereignis, ein Meilenstein in der Filmanimation. Im Grunde hätte man schon da sagen können: wieso diese blöden Computeranimationen, ist doch nur künstlich und unecht. Warum hat er keine Puppe genommen?
Aber Lucas war immer seiner Zeit voraus - damals schon, und das ist er heute noch. Nur dass ihm heute viel mehr an Mitteln und Tricks zur Verfügung steht.

Ich denke, ich will darüber erstmal nicht urteilen, welche Mittel er verwendet, sondern beobachte einfach, wie sich sein Werk so entwickelt. Was allerdings nicht heißt, dass ich die 3 neuen Star Wars Folgen gut finde. Ich finde sie im Grunde nach wie vor überflüssig und bin der Auffassung, dass sie dem Original nicht das Wasser reichen können.


Zu der Sache mit der Jareths Glaskugel: klar, die wäre heute animiert worden (obwohl es gerade heutzutage sehr viele gute Contact-Juggler gibt, Michael Moschen war ja der Pionier dieser Kunst). Aber das ist auch der Punkt: diese animierte Glaskugel wäre wieder nur Schein, statt Sein. die Handbewegung würde nicht 100% stimmen, man würde merken, dass es gefaked ist. Ich meine, eine solche Kugel hat ja ihr Gewicht, sie verhält sich entsprechend - und genauso muss sich die Hand bewegen. Wenn einer nur hin- und her fuchtelt, ohne zu wissen, wie es ist, eine richtige Kugel in der Hand zu haben und wie diese auf die Bewegungen reagiert, merkt man sofort, dass es ein Trick ist.
Auch 1986 gabs schon die Möglichkeit, die Kugel zu animieren (wurde auch gemacht, in all den Szenen, wo Jareth die Seifenblasen aus der Luft pflückt, die sich dann in Kugeln verwandeln) - aber es wurde wohl bewusst darauf verzichtet. Gut so, wenn man mich fragt.

Zitat
Es ist einfach für die Regisseure zu verführerisch, eine künstliche Person am Computer zu erzeugen, als vielleicht einen Stuntman zu bezahlen,

Wie bereits berichtet, habe ich das Making of Harry Potter geguckt. Da haben sie mehrere Szenen mit der Hauselfe Creature gezeigt. Es war tatsächlich so, dass ein kleiner Schauspieler für Creature eingesprungen ist und aus seinen Bewegungen, seinem Blick und seinen Reaktionen entstand dann Creature überhaupt. So gesehen hat der Regisseur sich da wenigstens etwas Mühe gegeben. Aber ich fände es dennoch schöner, wenn Creature eine Puppe wäre, die man anfassen kann und die es wirklich gibt.


Übrigens, ich fand die Saturn-Werbung mit Alice Cooper bislang ziemlich dämlich, bis ich genauer hingeschaut und entdeckt habe, dass all die Geschöpfe in Coopers Bar verkleidete Menschen sind, mit Masken und Kostümen. Und als sich neulich Bill Kaulitz dazu gesellt hat, mit dem komischen Vogel auf seiner Schulter, da sah ich sofort, dass auch dies eine Puppe ist. Ich musste da sofort an den Weisen Mann mit seinem sprechenden Hut denken - und die Werbung wurde mir ziemlich sympathisch.
Ich habe mal recherchiert, um zu erfahren, wer diese Puppen gemacht hat (der Vogel sieht schon ziemlich so aus, als wäre er aus dem Hause Henson...), aber nix gefunden.

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Cristal Moon Offline

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23.11.2010 11:14
#6 RE: Labyrinth - Avantgardistische Animatronic von damals, gegen digitale Special Effects von heute. Antworten

Hier singt einer ne richtige Lobeshymne für Labyrinth und zieht auch den Vergleich zu den heutigen Billig-Produktionen:

http://www.dvdb.de/forum/showpost.php?s=...14&postcount=14

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Cristal Moon Offline

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16.11.2011 23:26
#7 RE: Labyrinth - Avantgardistische Animatronic von damals, gegen digitale Special Effects von heute. Antworten

Leute, ich habe ne gute Nachricht: die Animatronics sind alles andere als tot!!! Jim Henson lächelt jetzt bestimmt da oben, während ich dies schreibe.
Wer es nicht glaubt, dass die Animatronics wieder voll im Kommen sind, der soll sich den Film "Zookeeper" angucken und den Gorilla darin.
Ich dachte, es wäre eine Computeranimation, bis ich das Making-of eingeschaltet habe. Und dann... Ich fühlte mich wie 25 Jahre zurückgebeamt. Leute, es war so, als würde man das Making of Labyrinth gucken. Dieselben kastenförmigen Fernbedienungen mit jeweils 5 Hebeln nur um einen Teil des Gesichts zu bewegen, derselbe Mechanismus für die Augenbewegung, ja sogar dasselbe Rohmaterial, dieselben Latexmasken, dieselbe Technik für die Hände, sogar dieselben kleinen Monitore im Inneren der Puppe, damit der Schauspieler überhaupt was sehen konnte.
Alte gute Handarbeit, wie bei Hoggle und den anderen Laby-Kreaturen
Allein aus diesem Grund lohnt es sich, den Film zu gucken, wobei ich ihn auch insgesamt sehr schön fand, teilweise rührend-aber nicht schmalzig!- und die Story war auch sehr nett, vor allem der Hintergedanke, der sich einem vielleicht erst auf den zweiten Blick offenbarte.

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snowyowl Offline

Goblinbabe


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17.11.2011 00:27
#8 RE: Labyrinth - Avantgardistische Animatronic von damals, gegen digitale Special Effects von heute. Antworten

Wow, das muss ich sehen!!

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Cristal Moon Offline

Im Zentrum, im Schloss des Koboldkönigs!


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24.11.2011 20:23
#9 RE: Labyrinth - Avantgardistische Animatronic von damals, gegen digitale Special Effects von heute. Antworten

Ich würde mir an Deiner Stelle auch die beiden making-ofs anschauen (zumindest die Hoggle-Passage von dem Laby-Making of) und vergleichen. Unglaublich, echt. da gibt es sogar auch so eine Stelle, wo der Gorilla-Kopf - ähnlich wie bei Laby - auf einem Ständer steht, noch ohne Körper, und die Puppenspieler bewegen ihre Geräte, um die Mimik am Gesicht vorzuführen...

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snowyowl Offline

Goblinbabe


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25.11.2011 13:37
#10 RE: Labyrinth - Avantgardistische Animatronic von damals, gegen digitale Special Effects von heute. Antworten

Das klingt echt gut. Ich wünschte, ich hätte mehr Zeit. Ich komme im Augenblick zu gar nichts mehr. Aber da habe ich etwas, worauf ich mich freuen kann.

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Cristal Moon Offline

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28.11.2011 13:38
#11 RE: Labyrinth - Avantgardistische Animatronic von damals, gegen digitale Special Effects von heute. Antworten

Na ja, das sind immer so Kleinigkeiten, die man zufällig entdeckt. Und eigentlich war es auch Zufall, dass ich diesen Film geguckt habe... :-)

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snowyowl Offline

Goblinbabe


Beiträge: 581

28.11.2011 14:43
#12 RE: Labyrinth - Avantgardistische Animatronic von damals, gegen digitale Special Effects von heute. Antworten

Das kenne ich. Die besten Dinge entdecke ich auch nie bei einer gezielten Suche, sondern immer nur durch Zufälle.

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